Club of Rome warnte vor den Grenzen des Wachstums
Am 2. März 1972 veröffentlichte der Club of Rome, ein Zusammenschluss von damals 17 Wissenschaftlern, die legendär gewordene Studie „Die Grenzen des Wachstums“, die vor einem ungezügelten Wachstum warnte und die Menschheit aufforderte, Ökonomie und Ökologie zu versöhnen. Sie gilt bis heute als eine der einflussreichsten Publikation zur Zukunft der Erde, als die Mutter aller „Green Deals“. 50 Jahre später legte der Thinktank mit „Earth for All“ eine neue Studie vor. Sinngemäß heißt es darin, dass es noch nicht zu spät sei, aber die Menschheit stünde am Scheideweg. Die Autoren wünschen sich fünf „außerordentliche Kehrtwenden“ und eine „systemische Transformation“, um die Zivilisation resilienter zu gestalten.
Brundtland-Bericht: Das Leitbild von Nachhaltigkeit
Vor 35 Jahren schrieb die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung unter ihrer Vorsitzenden Gro Harlem Brundtland mit der Rio-Erklärung ebenfalls Geschichte. Die 25 Grundsätze formulierten das Leitbild von Nachhaltigkeit, die den „Entwicklungs- und Umweltbedürfnissen der heutigen und der kommenden Generationen in gerechter Weise“ entspricht und heute noch die Basis aller Nachhaltigkeitsstrategien liefert. 2016 legte die UN mit der Agenda 2030 und den dort formulierten 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) nach. Im Juli dieses Jahres trafen sich internationale Staatengemeinschaft zum High Level Political Forum (HLPF), um eine Bestandsaufnahme hinsichtlich der Umsetzung der Agenda-Ziele vorzunehmen. Fazit der Abschlusserklärung: die Hütte brennt!

Green Deal: Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa
Im Dezember 2019 sorgte die EU-Kommission mit ihrer Ankündigung eines Green Deals, der Europa bis 2050 klimaneutral umbauen soll, für einen weiterer historischen Moment. Der Transformations-Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa erstreckt sich auf alle Wirtschaftszweige. Ziel der Initiative sei es, für ein nachhaltiges Wachstum zu sorgen. Sie soll der Einstieg in die Kreislaufwirtschaft sein. Zwei Jahre später verschärfte die Bundesregierung mit der Änderung des Klimaschutzgesetzes die Klimaschutzvorgaben. Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral sein. Damit sind alle Unternehmen aus allen Branchen zum Handeln aufgefordert. Klimaschutzmaßnahmen sind also nicht nur gesellschaftlich, sondern auch für den Erhalt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit relevant. Das gilt auch für die Spielwarenbranche.
Papier ist geduldig, selbst wenn die Welt brennt
Die Grenzen des Wachstums, der Brundtland-Report, der Green Deal sowie das neue Klimaschutzgesetz stehen zwar für hehre Grundsätze, aber wie jeder Plan, so sind auch diese Pläne zur Rettung einer lebenswerten Welt nur so gut wie ihre Umsetzung. Papier ist geduldig. Mitunter scheint eher der Eindruck aufzukommen, dass die Menschheit wohl die einzige Spezies ist, die ihren eigenen Untergang anstrebt. In den Jahren von 2010 bis 2019 erreichten jedenfalls die durchschnittlichen jährlichen globalen Treibhausgasemissionen den höchsten Stand in der Geschichte der Menschheit. „Die Welt ist bereits von einigen Kipppunkten bedroht“, heißt es in einer aktuellen Meta-Studie eines internationalen Forscherteams.
Die Schöpfung ist jährlich erschöpfter

2022 wird laut Global Footprint Network der Earth Overshoot Day, der Tag also, an dem die Menschheit so viel von der Natur genommen hat, wie sie in dem Jahr regenerieren kann, auf den 28. Juli fallen. 1970 hielt sich der Ressourcenverbrauch und die Chance, dass sich der Planet erholen kann, noch die Waage. Seitdem geht es mit dem ökologischen Fußabdruck rasant in den Keller, trotz Rom und Rio. In Deutschland fiel der „Welterschöpfungstag 2022“ bereits auf den 4. Mai. Spitzenreiter ist Qatar, dort waren die natürlichen Ressourcen bereits am 10. Februar verbraucht. Fußball wird trotzdem gespielt. Die Welt arbeitet an ihrer Abdankung, vor allem die westlichen Industrienationen. Sie müsste aber beim Klimaschutz eher aufs Tempo drücken, um das in Ferne gerückte und im Weltklimavertrag von Paris 2015 vereinbarte 1,5 Grad Ziel überhaupt noch zu erreichen.
Handlungsdruck wächst für alle Unternehmen
Aus dem Takt geratene Lieferketten, explodierende Energiepreise, die Corona-Pandemie, Fachkräftemangel und eine galoppierende Inflation, die Mehrzahl der Unternehmen dürften aktuell andere Sorgen plagen als die Umweltleistung von Produkten während ihres gesamten Lebenszyklus. Oder? Fakt ist, wegducken geht nicht mehr. Das Anfang kommenden Jahres in Kraft tretende Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz liefert nur ein Beispiel dafür, dass der Handlungsdruck auf Unternehmen trotz der „Multikrisen“ auf allen Ebenen weiter zunimmt. Aber nicht nur Gesetze ziehen ein immer dichteres Regelwerk auf, sondern auch Kunden oder Investoren fordern zunehmend einen moralisch koscheren Konsum und überprüfbare Nachhaltigkeit. Sustainability wird in diesem Kontext zu dem, was man landläufig als Qualität versteht.
Gesucht: Globaler Nachhaltigkeitsstandard

Die Ansprüche an die Nachhaltigkeit von Unternehmen steigen also. Dazu zählt auch eine transparente Berichterstattung über die Aktivitäten, wenn auch ein globaler Nachhaltigkeitsstandard bis heute fehlt. Die nächste Runde läutet hier die EU ein. Seit 2014 legt eine EU-Richtlinie die Parameter für ein nachhaltiges Finanzwesen (NFRD) fest, die jetzt überabeitet wurde und nun „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) heißt. Sie erweitert den Anwendungsbereich auf alle großen Unternehmen. Nach Schätzungen steigt damit die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen europaweit auf 49.000 Unternehmen. Mit dieser Richtlinie will die EU ihre Vorreiterrolle bei der Festlegung nachhaltiger Standards unter Beweis stellen. Die Eckpunkte der CSRD:
• Ausweitung des Anwendungsbereichs
• Überprüfbarkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung
• Detaillierte und standardisierte Anforderungen an die Berichtspflicht
• Verbesserung des Zugangs zu Informationen
Die neue CSRD-Richtlinie, die ab 2024 gelten soll und damit bereits das Geschäftsjahr 2023 einschließt, wird die Berichterstattung über Nachhaltigkeit einschneidend verändert. Rollt da auch auf die Hersteller eine neue Welle von Pflichten zu? Eher unwahrscheinlich. Unternehmen wie Lego, die Simba Dickie Group oder Haba haben sich schon vor Jahren mit Sustainability Reports auf den Weg gemacht. Bei Hasbro heißt es sogar, dass Nachhaltigkeit fester Bestandteil der DNA. Zukünftig gibt es nur klare, überprüfbare Standards.
Die Zeit zum Handeln ist jetzt!
Ohnehin weiß die Spielwarenbranche, was die Stunde geschlagen hat. So formulierte Playmobil Anfang des Jahres ehrgeizige Ziele. Bis 2030 sollen dort die Geschäftsmodelle „möglichst“ zirkulär sein. Schleich steckt nach eigenen Angaben im größten Transformationsprozess der Geschichte, zu der auch eine Nachhaltigkeitsstrategie zählt. Das zeigt vor allem eins: Nachhaltigkeit ist inzwischen von großer strategischer Bedeutung und wer nicht transformiert, riskiert seine Marke. Power bei Nachhaltigkeit erwarten auch die Konsumenten. Laut einer Utopia-Umfrage, der größten Plattform für Nachhaltigkeit, haben zwar 68% den Eindruck, dass Unternehmen seit einigen Jahren mehr für Nachhaltigkeit tun, aber 90% erwarten auch, dass sie noch größeres Engagement für Klimaschutz und Umwelt. Oder mit den Worten des Intergovermental Panel on Climate Change: „The time for action is now!”
Die Fair Toys Organisation ist eine Multi-Stakeholder-Initiative aus Mitgliedern der Spielwarenbranche und der Zivilgesellschaft. Mehr dazu erfahren Sie in diesem Video: